Von der "Musikgesellschaft" zum "Musikverein" Tussenhausen
Verschiedenen Aufzeichnungen verdanken wir es, dass wir Kenntnis von den Anfängen der „Blechmusik“ in Tussenhausen haben.
So konnte der Zeitpunkt des Entstehens der „Blechmusik“ auf die Zeit zwischen 1832 und 1861 eingegrenzt werden.
Seit 1875 waren in der Leitung der Musikgesellschaft Herr Alois Stoll, Hilfslehrer Haug und anschlißend Kaplan Leckenwalter tätig. An fronleichnahmsfesten, Königstagen sowie ähnlichen festlichen Anlässen wirkte auch die Blasmusik mit.
Im Laufe der Jahre gab es innerhalb der Gruppierung Probleme, die den Weiterbestand der Kapelle gefährdeten und im Jahre 1903 war die Musikergesellschaft nicht mehr in der Lage gemeinsam ein Musikstück aufzuführen.
Im Dezember 1903 ergriffen zwei Herren die Initiative, warben für neuen Nachwuchs und übernahmen die schwierige Aufgabe der Ausbildung.
Somit konnte der Fortbestand wieder gesichert werden und es fanden fast tägliche Proben statt. Hierfür wurde ein Stübchen in der Zaisertshofener Str. 7 passend eingerichtet.
Die Instrumente entsprachen dem Klangverständnis jener Zeit: Bariton, C-Trompete, Posaune, Flügelhorn, Es-Trompete, Baßtrompete. Etwas besonderes wollte sich die Musikgesellschaft Tussenhausen mit dem Kauf eines Schellenbaumes leisten. Zu diesem Zwecke fand im April 1904 im ganzen Ort eine Geldsammlung statt.
Sammel-Ergebnis: M 100,-
Herr Johann Lederle berief zum Zwecke der Gründung eines Musikvereins Tussenhausen am 17.04.1904 im Gasthaus zum „Adler“ (Baderwirt) eine Versammlung ein. Sämtliche 13 Anwesende der alten Musikgesellschaft erklärten sich für die Neugründung, traten sogleich als Mitglieder ein und stimmten für eine von Lehrer Josef Lederle ausgearbeitete Vereinssatzung. Zum Vereinsvorstand wurde Herr Gregor Reiner berufen.
Schon nach ca. 4 Wochen, am 15.05.1904, hielt der neue Verein seine zweite Versammlung ab. Sozusagen rückwirkend auf den 17.04.1904 wurden Anton Lederle, Konrad Stegmann, Josef Kehle sen. und Gregor Schuster als Gründungsmitglieder bestätigt, da sie sich alle noch am Gründungstag zum Vereinseintritt gemeldet hatten.
Der junge Verein zählte an diesem Tage schon „50 ordentliche und außerordentliche Mann“.
Auf der 3. Vereinsversammlung am 16.10.1904, entschieden sich alle Teilnehmer für die Anschaffung eines Vereinsabzeichens, das die „ordentlichen“ von den „außer-ordentlichen“ Mitgliedern durch die Farbe der Fransen (goldfarben oder silberfarben) unterscheidet. Zur kostenlosen Verteilung kamen die Abzeichen in den Vereinsfarben rot-weiß-grün am 01.12.1904.
Als neuer Vorstand trat am 10.06.1906 der bisherige Schriftführer Johann Lederle, Bergstr. 3, an die Spitze des Musikvereins. Die Schriftführertätigkeit vertrauten die Kameraden Johann Hacker, Zaisertshofener Str. 16, an. Das neue Dreier-Gespann leitete fast 16 Jahre die Geschicke des damals in der Marktgemeinde dominierenden Vereins.
Schlecht besuchte Versammlungen, fehlende Eintragungen im Protokollbuch, keine Generalversammlungen, Desinteresse an der Vereinsarbeit, kennzeichnen die nächsten Jahre. Der Musikverein scheint in ein Tief geraten zu sein.
Nach dem 2. Weltkrieg war Xaver Riederle auf Anraten des Musikfreundes Anton Kehle Motor für einen Neubeginn. Sieben junge Leute erhielten von ihm ab 1947 Unterricht.
Tod, berufliche Veränderungen, Rücktritte aus gesundheitlichen Gründen, minimierte in den frühen 50er Jahren die Kapelle erneut.
Seit Frühjahr 1950 war im Ort ein Salonorchester, eine Abteilung des Männergesangsvereins Tussenhausen entstanden, das sehr rührig war und durch seine Leistungen aufhorchen ließ. Um zu verhindern, dass der Musikverein aufgelöst wird, regten die verbleibenden Musiker an, eine Verschmelzung mit dem Salonorchester unter dem Namen „Blaskapelle" einzugehen.
In der Dirigenten-Ära Grimme bleibt unvergessen das Jahr 1957, als in den Tagen des 13./14. Juli 1957 das
2. Bezirksmusiktreffen in Tussenhausen stattfand.
Im Jahr 1957 trat der Musikverein Tussenhausen dem Allgäu-Schwäbischen Musikbund als Mitgliedsverein bei.
Das Abnabeln vom Männergesangsverein wurde zielbewußt vorangetrieben und führte am 14.12.1958 wieder zur Selbstständigkeit.
Am 11.06.1960, wurde der Musikverein Tussenhausen mit einer neu verfassten Satzung in das Vereinsregister beim Amtsgericht Türkheim eingetragen und führt seitdem den Zusatz „e.V." (eingetragener Verein).
Etwa seit Mitte der 70er Jahre werden wieder regelmäßig Jahreskonzerte, oder auch das schon zur Tradition gewordene Marktplatzfest abgehalten.
Daneben übernimmt der Verein regelmäßig die musikalische Gestaltung von Veranstaltungen anderer Dorfvereine oder Institutionen, wie z.B. die Kriegerwallfahrt des Veteranenvereins, den Volkstrauertag, die Fronleichnamsprozession usw.
Im Jahr 1978 wurde dem Verein die Pro-Musica-Plakette verliehen. Diese erhalten nur Vereine, die lückenlos eine mindestens hundert jährige musikalische Tradition in der Gemeinde nachweisen können (nicht zu verwechseln mit der Vereinsgründung!).
Quasi als Erbstück aus der Zeit der Vereinsgründung hat der Schellenbaum des Musikvereins die langjährige Vereinsgeschichte ununterbrochen miterlebt und als „lebendiges“ Geschichtsgut wird er auch heute noch bei Festzügen oder anderen feierlichen Gelegenheiten der Kapelle vorangetragen.
Es sind nunmehr schon über 100 Jahre, dass die Blasmusik als Verein aus dem Tussenhausener Veranstaltungskalender nicht mehr wegzudenken ist. Waren es in früheren Zeiten mehr Tanzveranstaltungen, Konzerte, aber auch Unterhaltungsmusik, ist es heute eine weit größer gefächerte Palette von Anlässen, bei denen die Musikerinnen und Musiker ihr Können unter Beweis stellen müssen. Dementsprechend vielseitig ist auch das Repertoire der Kapelle, das der Dirigent stets dem jeweiligen Charakter einer Veranstaltung anzupassen versucht.